Modern Times

Schonende Therapie bei Gebärmuttermyomen

Ein neues radiologisches Verfahren - die transarterielle Embolisation - könnte rund 25% aller Gebärmutterresektionen ersetzen.

Im Rahmen eines Kongresses präsentierten OA Dr. Peter Waldenberger, Radiologe an der Universitätsklinik in Innsbruck, und der Innsbrucker Gynäkologe Univ.-Prof. Dr. Christian Marth verschiedene Methoden der organerhaltenden Behandlung von Gebärmuttermyomen. Die Universitätsklinik Innsbruck zählt dabei zu jenen Zentren, die zusätzlich zu herkömmlichen Behandlungsmethoden das besonders schonende Verfahren der transarteriellen Embolisation anbietet. Es handelt sich dabei um ein nicht chirurgisches Verfahren, das den Tumor von der Blut- und Sauerstoffversorgung abschneidet und ihn auf diese Weise "aushungert". Das Verfahren wird - nach Entscheidung des Gynäkologen - vom interventionellen Radiologen durchgeführt und könnte rund ein Viertel aller in Österreich durchgeführten Hysterektomien ersetzen.

Jede dritte Frau ab 35 ist von sogenannten Gebärmuttermyomen betroffen. Es handelt sich dabei um gutartige Geschwülste, die sich in der Muskelwand der Gebärmutter einnisten. Nicht alle Gebärmuttermyome führen zu Beschwerden, es kann aber aufgrund von Größe oder Lage des Myoms zu Schmerzen in der Beckengegend und starken Blutungen kommen. Weitere Symptome sind verstärkte menstruelle Krämpfe, Rücken- und Beinschmerzen, Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs, häufiges Urinieren durch Druck auf das Urinsystem sowie Verstopfungen und Blähungen durch Druck auf den Darm. Das Myom selbst kann den gesamten Bauchraum ausfüllen und auf diese Weise einen abnormal vergrößerten Bauch verursachen. In drei Viertel der Fälle treten mehrere Myome gleichzeitig auf, wobei die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Myomen mit dem Alter steigt.

Medikamentöse Therapien: wenig Wirkung, viele Nebenwirkungen
Die Behandlung mit Medikamenten (Hormonpräparaten) hat sich als wenig effektiv herausgestellt und weist zusätzlich den Nachteil auf, dass die betroffene Frau künstlich in den Wechsel versetzt wird. Damit endet nicht nur ihre Menstruation, sie läuft auch Gefahr, Wechselbeschwerden zu erleiden: Stimmungswechsel, Hitzewallungen, vaginale Trockenheit und Osteoporose.

Myomektomie: nur durchführbar, wenn nicht zu viele Myome gleichzeitig vorhanden sind
Als Alternative stand bisher nur ein chirurgischer Eingriff zur Verfügung. Dabei wird entweder nur das Myom (Myomektomie) oder die gesamte Gebärmutter (Hysterektomie) entfernt. Die organerhaltende Variante ist allerdings nur dann möglich, wenn nicht zu viele Myome gleichzeitig vorhanden sind. Außerdem kommt es in 10-20% der Fälle nach Myomektomien im Laufe einiger Jahre zur neuerlichen Bildung von Myomen. Diese können dann nur mehr mittels Hysterektomie behandelt werden, da eine Wiederholung der Myomektomie in der Regel nicht sinnvoll ist.

Hysterektomie: Vollnarkose, lange Spitalsaufenthalte, lange Rekonvaleszenz und gravierende Auswirkung auf die Psyche der Betroffenen
Die Entfernung der Gebärmutter zählt nach wie vor zu den häufigsten schweren Operationen in Österreich. Allein an der Universitätsklinik Innsbruck wurden 1999 rund 300 Hysterektomien durchgeführt. "Da es sich bei der Hysterektomie um einen schweren Eingriff handelt, sind wir bemüht, möglichst wenige Frauen auf diese Weise zu behandeln, was uns angesichts der Entwicklung von alternativen Verfahren auch zunehmend gelingt", erklärt Prof. Marth die Veränderungen in diesem Bereich. Die Hysterektomie erfolgt unter Anästhesie, zieht Krankenhausaufenthalte von mehreren Tagen und oft wochenlange Rekonvaleszenzzeiten nach sich. Zusätzlich löst sie bei vielen Frauen gravierende psychische Probleme aus. "Die Entfernung der Gebärmutter wird häufig als Verlust der Integrität als Frau empfunden", beschreibt Prof. Marth seine Erfahrung mit Betroffenen. Einige Studien gehen darüber hinaus von negativen Auswirkungen auf die sexuelle Erlebnisfähigkeit aus.

Transarterielle Embolisation - auch bei mehreren Myomen effektiv
Mit der transarteriellen Embolisation gibt es nun eine organerhaltende Alternative, die sich auch bei mehreren Myomen als erfolgreich erwiesen hat. Dabei werden die Arterien, die das Myom mit Blut versorgen, blockiert, und das Myom wird auf diese Weise von der Blut- und Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Es handelt sich um einen minimalen Eingriff, d.h. es ist nur ein kleiner Einstich in die Haut vonnöten.

Partnerschaft Gynäkologie - Radiologie
Das Verfahren wird auf Entscheidung des Gynäkologen vom interventionellen Radiologen mit Erfahrung im minimal-invasiven Bereich durchgeführt. Dr. Waldenberger, der in Innsbruck über die meiste Erfahrung in diesem Bereich verfügt, dazu: "Wir wenden das Verfahren seit Dezember 1999 erfolgreich an. Als Radiologen sind wir im Normalfall nicht die erste Anlaufstelle für Frauen mit Beschwerden im Gebärmutterbereich. Daher - und aufgrund der geringen Bekanntheit des Verfahrens - werden noch sehr wenige Patientinnen auf diese schonende Weise behandelt. Durch die gute Zusammenarbeit mit den Gynäkologen ist es uns in Innsbruck aber gelungen, Frauen mit Gebärmuttermyomen eine zusätzliche, besonders effektive Therapie anzubieten."

Die Myome werden minimal-invasiv "ausgehungert"
Und so funktioniert die transarterielle Embolisation: Mittels eines Einstichs in der Leiste der Patientin wird ein kleiner Schlauch (Katheter) in die Arterie eingeführt. Der Radiologe lenkt den Katheter unter Röntgendurchleuchtung durch die Arterie zum Uterus.

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Innerhalb der Uterusarterie wird der Katheter zu einem Punkt bewegt, an dem sich die Arterie in mehrere Gefäße aufteilt. Ein Angiogramm (eine Serie von Aufnahmen während einer Kontrastmittelinjektion) liefert dem Radiologen eine Art "Straßenkarte" der Blutversorgung des Uterus und der Myome. Nun werden langsam kleine Plastik- oder Gelatine-Schwammpartikel von der Größe eines Sandkorns in das Gefäß injiziert.

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Diese Partikel gelangen zu den Myomen, verstopfen dort die Gefäße und können somit nicht mehr in andere Bereiche des Körpers gelangen. Die Embolisation wird solange durchgeführt, bis eine komplette Blockade des Blutstroms zum Myom erfolgt. Das Abschneiden der Myome von ihrer Blut- und Sauerstoffversorgung führt zu ihrer "Aushungerung" und lässt sie über die folgenden Monate langsam schrumpfen.

Lokalanästhesie, keine Schmerzen, kurzer Krankenhausaufenthalt und kurze Erholungsphase
Der Eingriff erfolgt bei vollem Bewusstsein der Patientin, aber unter lokaler Anästhesie. Der Patientin wird ein Beruhigungsmittel verabreicht, auf diese Weise verspürt sie keinen Schmerz. Nach einer Embolisation bleibt die Patientin wenige Tage im Krankenhaus. Die häufigsten Nebenwirkungen (Krämpfe und Fieber) können medikamentös gut behandelt werden. Insgesamt dauert die Erholungsphase in der Regel ein bis zwei Wochen. Viele Patientinnen kehren aber bereits innerhalb der ersten Woche wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.

Hohe Erfolgsquote, bislang musste keine Patientin ein weiteres Mal behandelt werden
Grundsätzlich ist die Embolisation von Arterien nicht neu. Seit über zwanzig Jahren praktizieren Radiologen diese Methode, um starke Blutungen nach Geburten zu behandeln. Bei Gebärmuttermyomen wurde die Prozedur erstmals 1997 an der Universität von Los Angeles, Kalifornien, angewandt. Seither dokumentieren zahlreiche Studien den Erfolg dieser Methode: Je nach Untersuchung konnte bei 78-94% der Frauen ein signifikanter oder totaler Wegfall von Schmerzen und Symptomen erzielt werden. Langfristige Ergebnisse liegen freilich noch nicht vor, bislang war aber bei keiner der Patientinnen ein wiederholter Eingriff notwendig. (Im Unterschied zur Myomektomie ist eine Wiederholung des Eingriffs aber grundsätzlich möglich). Die transarterielle Embolisation kann mit Ausnahme des sogenannten "gestielten Myoms" bei allen Arten von Myomen angewandt werden. "Insgesamt gehen wir davon aus, dass rund 25% aller Hysterektomien durch eine Embolisation ersetzt werden können", bewertet Dr. Waldenberger das Potential des neuen Verfahrens.

Bei bestehendem Kinderwunsch fehlen noch exakte Ergebnisse
Die Auswirkungen der Methode auf die Fruchtbarkeit lassen sich derzeit noch nicht exakt beurteilen. Mehr als ein Dutzend Schwangerschaften nach dieser Behandlung sind dokumentiert, und Patientinnen, die eine transarterielle Embolisation aufgrund von Blutungen nach der Geburt erhielten, konnten ein weiteres Mal erfolgreich schwanger werden. Da Langzeitstudien zu diesem Aspekt aber noch nicht vorliegen, wird das Verfahren in der Regel bei Frauen mit abgeschlossenem Kinderwunsch durchgeführt.


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